Der glückliche Satz. Ein Abend von und mit Roger Willemsen
19. Februar 2010
Freitag
Einlass 19:00
Beginn 20:00
Von Karl Kraus stammt die böse Bemerkung, das letzte „Lebe wohl!“ des Königs, gerichtet an Iphigenie, wiege Heinrich Heines „Buch der Lieder“ auf und hundert Seiten seiner Prosa, klinge es doch, „als ob zum ersten Mal auf der Welt Abschied genommen würde.“ So polemisch die Aussage ist, dass Literatur durch das spricht, was sie nicht sagt, dass ihre Sätze umgeben sind von einer Hülle der Vieldeutigkeit, in der sich Assoziationsräume öffnen, Erfahrungen schwingen, Ideen frei werden und sich eine andere Art von Genauigkeit einstellt, das wissen Autoren und Leser. Sie schreiben und sie lesen bisweilen auf den einen Satz zu, den präzisen, alles in sich zusammen raffenden, gehaltvollen, tiefgründigen Satz, den Satz, der Evidenz herstellt, den fraglosen, entlarvenden, unvergesslichen Satz – kein Aphorismus, kein Bonmot, eher das Siegel auf einem Packen von Beobachtungen oder Ideen.
Der glückliche Satz, das ist nicht der Satz, der das Glück ausspricht, sondern dessen Hervorbringung glücklich macht, der Satz, in dem der Strom der Produktivität stockt und seinen Ausdruck findet, es ist der Satz, der fruchtbar macht, der großherzige, freigebige, vielsagende Satz. Jede und jeder mit Literatur Infizierte muss auf eigene Weise Sätze solcher Art finden. Deshalb enthält dieser Abend vor allem eine Anleitung zum Auffinden glücklicher Sätze und er gießt einen Regen ebensolcher über dem Publikum aus.
Roger Willemsen, 1955 in Bonn geboren, studierte Germanistik, Philosophie und Kunstgeschichte in Bonn, Florenz, München und Wien. 1991 kam er zum Fernsehen, wo er vor allem Interview- und Kultursendungen moderierte und Dokumentarfilme produzierte. Der Publizist, Autor, Essayist, TV-Moderator und Adolf-Grimme-Preis-Träger führte über zweitausend Interviews und drehte zahlreiche Künstler-Porträts.
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