Dagmar Leupold liest. Sylvia Schwab moderiert
3. März 2010
Mittwoch
Einlass 19:00
Beginn 20:00
Die Toten sind nicht tot, am allerwenigsten in der Literatur. In Dagmar Leupolds neuem Roman „Die Helligkeit der Nacht“ spricht ein Toter. Es ist Heinrich von Kleist. Über die Jahrhunderte hinweg schickt er einer Frau luftige Briefe der Zuneigung oder macht geisterhafte Aufzeichnungen. Dabei entsteht ein Journal der Zuwendungen und Fragen, der Meditationen und Beobachtungen, kreisend um Themen der Literatur und Radikalität, der Geschichte und ihren Hoffnungen, der Unbedingtheit und ihrer Abgründe. Die Adressatin dieses geistvollen Gespensts ist Ulrike. Nicht Kleists geliebte Schwester, auch wenn sie Ähnlichkeiten mit ihr hat, sondern eine Schwester im Geiste, in der Haltung, in der Tragik, Ulrike Meinhof. Seine Begegnung mit Meinhof ist nicht weniger als ein Zusammenstoß, der Kurzschluss zweier Epochen.
Klug und poetisch, voller bohrender Fragen und wunderbaren Beobachtungen, sucht dieser Kleist – Leupolds Kleist, nicht einfach der historische – unsere und Ulrikes Nähe. Gelegentlich kommt Ulrike zu Wort, erfreut wie wir Leser über diesen ungewöhnlichen „Koalitionär“, der das Faktische, die Jahrhunderte, missachtet. Einen solchen Roman hat es noch nicht gegeben.
Dagmar Leupold, 1955 in Niederlahnstein geboren, studierte Germanistik, Philosophie und Altphilologie in Marburg und Tübingen sowie Komparatistik in New York, wo sie auch promovierte. Sie veröffentlichte zahlreiche Gedichtbände und Romane. Die Autorin wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet und leitet das „Studio für Literatur und Theater“ an der Universität Tübingen.
Sylvia Schwab, 1953 in Bonn geboren, studierte Germanistik und Kunstgeschichte. Sie arbeitet als freie Journalistin, vor allem im Hörfunkbereich (Hessischer Rundfunk, Deutschlandfunk, Deutschlandradio). Ihr Spezialgebiet ist neben deutscher Literatur Kinder- und Jugendliteratur.
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