Logokürzel Alte Feuerwache Mannheim

Ben Becker liest Klaus Kinski

11. September 2004
Samstag

Einlass 20:00
Beginn 21:00



präsentiert :
fieber – ben becker spricht klaus kinski
Ben Becker schliesst die Lücke, die Klaus Kinski in der ernsten Literaturrezitation gelassen hat: Er spricht die Gedichte eines jungen, angreifbaren Kinski.
Die Gedichte, vor 50 Jahren in einer aufwühlenden Phase geschrieben, zeigen einen klagenden jungen Dichter. Sie sind voller Verzweiflung und Abschaum. Kinski sucht Antworten auf die grossen Fragen des Lebens – gedemütigt feststellend, dass es für ihn keine geben wird. In tiefer Demut bittet er Gott ihm zu helfen „die Zwischenzeiten auszutragen“.
Ben Becker, grosse Erfolge gefeiert mit Filmen wie „Commedian Harmonists“, „Schlafes Bruder“, oder als Titelfigur in „Berlin Alexanderplatz“ am Gorki Theater, ist die ideale Besetzung für Kinskis Gedichte. Er – genauso wie Kinski – ist ein Rebell, der öffentliche Auseinandersetzungen und Skandale nicht scheut. Provokant äussert er seine Anliegen, ohne sich um das Bild, das sich die Menschen von ihm machen, zu kümmern. Ben Becker lässt sich in keine Schublade pressen. Hemmungslos und sanft ist er zugleich. Wie sein Bruder im Geiste – Kinski.
Mit der Interpretation von Kinskis Gedichten nimmt Ben Becker eine schwierige Aufgabe an Es gelingt ihm wieder einmal mehr sein Talent zu beweisen. Eindrucksvoll versteht er es Gedichte aus der Sammlung „Fieber-Tagebuch eines Aussätzigen“ Eichborn Verlag – kürzlich im erschienen – zu beleben. Stets findet er einen überzeugenden Ton für Kinskis vorherrschende Verfassung. Die Stimme, tief und prägnant, lässt ihn dämonisch, empört und aufschäumend eben so wie zerbrechlich, schwach und in sich erklingen. Die Musik zur CD „Fieber-Ben Becker spricht Klaus Kinski (BMG) steuert Alexander Hacke bei. Sie harmonisiert mit Ben Beckers Sprache. Ruhige Windspiele wechseln mit peitschenden Schlägen ab. Vor allem die Tracks „Orient“ und „Geniales Fieber“ erzeugen kräftige Bilder.
Welche bedeutende Lücke hinterliess Kinski ! Würde er Ben Becker hören und sehen – er hätte bestimmt nicht gesagt: „Ich muß weg von hier!!“. Selten hat es in der deutschen Sprache eine Sprachmächtigkeit und Wortgewalt von diesem Rang gegeben. Das nun bei BMG / singsing vorgelegte Werk ist ein absolutes Muss für jeden Freund musisch/verbaler Sinnlichkeit!
So wie es jetzt Ben Becker mit Kinskis Texten tut, die bei ihm gut aufgehoben sind, wohl auch deshalb, weil eine ungeheure Präsenz zu den Eigenschaften des Verfassers wie des Interpreten zählt. Mal leise, häufiger aber mit Wucht und auch mit Pathos trägt Becker die Texte vor, begleitet von den Kompositionen Alexander Hackes, die mal ruhig, mal ruppig dem Charakter des jeweiligen Gedichts entsprechen. Im Hintergrund prangt das Bild des jungen Kinski und erinnert daran, dass es ein Mittzwanziger war, der diese Texte schrieb. Ein junger Mensch, der noch den gerechten Zorn der Unschuld empfand. Der provozierte, aber dabei doch so verletzlich war. Das ist wahrscheinlich, was die Texte – trotz mancher Derbheit – so anrührend macht. Ben Becker ist der richtige Interpret dafür, zumal er über eine wunderbare Stimme verfügt. Und vielleicht hat er Kinski aus der Seele gesprochen.