Geschichte und Entwicklung
1912 – 1975
Hauptfeuerwache der Stadt Mannheim
Die Alte Feuerwache wurde 1911/1912 von Richard Perrey im neobarocken Stil mit Jugendstileinflüssen erbaut und diente von 1912 bis 1975 als Sitz der Hauptfeuerwache der Stadt Mannheim. Deren Standort befand sich zuvor in den Quadraten (U2/U3), wurde aber sowohl aufgrund der Errichtung des Herschelbades in U3 als auch aus strategischen Gründen an den Messplatz in der Mannheimer Neckarstadt verlegt. Der Architekt Richard Perrey zeichnet sich auch für den Bau des Herschelbads, des Universitätsklinikums und des Alten Pumpwerks in Neckarau verantwortlich.
Am 25. Juni 1912 konnte die neue Hauptfeuerwache mit 72 Mann bezogen werden. Neben der großen Wagenhalle für Löschzüge und Rettungsfahrzeuge (unsere heutige Konzerthalle) bot das Gebäude Aufenthalts- und Speiseräume, Dienstwohnungen für Brandmeister und Oberfeuerwehrmann, Werkstätten für Schmiede, Schneider, Schuhmacher, Schreiner und Elektrotechniker, Lagerräume und Magazine für Ersatzteile und Monturen, Turn- und Instruktionssaal und nicht zuletzt Schlafstätten und Waschgelegenheiten für insgesamt 93 Mann.
Der Turm, der neben den weiß-roten Toren zum Markenzeichen der Alten Feuerwache und dem Wahrzeichen des Alten Messplatz wurde, hat eine Höhe von 42 Metern und diente zum Trocknen der Wasserschläuche sowie als Aussichtsturm für Brandherde. Heute befinden sich darin Büroräume und eine Gästewohnung.
Während des Ersten Weltkriegs übernahm der Turm außerdem die Funktion, die Bevölkerung durch Warnschüsse auf Luftangriffe aufmerksam zu machen. Im Zweiten Weltkrieg wurde die Alte Feuerwache, v.a. das Dach schwer beschädigt. In den 1960er Jahren wurde das (heute) historische Gebäude um eine dahinterstehende Fahrzeughalle – ein nüchterner Zweckbau im Stil einer Großgarage – erweitert.
Quelle und weitere architektonische Infos: http://www.rhein-neckar-industriekultur.de/objekte/alte-feuerwache-mannheim
1975-1981
Abrisspläne, Bürgerprotest & Musikwerkstatt und Neugründung
Nachdem in den 1960er Jahren die Feuerwache-Süd in Rheinau ihrer Bestimmung übergeben wurde,1975 die Feuerwache-Mitte (in Hinblick auf die Bundesgartenschau) in den Lindenhof verlegt und die Feuerwache-Nord in Käfertal eingeweiht wurden, stand das historische Feuerwehrgebäude am Messplatz ab 1975 leer und verfiel zusehends.
In der dahintergelegenen Fahrzeughalle hingegen fanden jeden Samstag Konzerte statt. Das Obergeschoss der ungenutzten Fahrzeughalle mit seinen zahlreichen kleinen Zimmern bot ausreichend Platz für Proberäume für Bands und die „Feuerwache“ entwickelte sich zum Musiker-Treffpunkt und soziokulturellen Schmelztiegel.
Da das Gebäude als Feuerwache jedoch ausgedient hatte, sollte das Grundstück als Teil des Gesamtkonzepts „Neckaruferbebauung“ überplant werden. Bereits 1972 hatte der Gemeinderat beschlossen, die Hauptfeuerwache nach dem Umzug der Feuerwehr abzureißen. Die nicht denkmalgeschützte – und auch nicht erhaltenswerte – Fahrzeughalle, in der die Konzerte stattfanden, wurde abgerissen und wich dem dritten der insgesamt drei Hochhäuser. Weitere Pläne, auch das historische Hauptgebäude der Feuerwache abzureißen und damit dem geplanten vierten Hochhaus der neuen „Neckaruferbebauung Nord“ inklusive eines Museums für Archäologie und Völkerkunde Platz zu machen, stießen auf starken Protest. Schließlich wurde es – v.a. unter dem erheblichen Druck der Mannheimer Bevölkerung und einer 1974 gegründeten Bürgerinitiative – unter Denkmalschutz gestellt und die Abrisspläne kamen vom Tisch. Halleluja!
Ab diesem Zeitpunkt stand die Alte Hauptfeuerwache den Bürgern zur freien Nutzung offen. Die siebziger Jahre waren geprägt von kulturpolitischen Diskussionen und neben der Forderung nach neuen Inhalten und neuen Orten der Vermittlung wurden die Stimmen nach mehr Möglichkeiten zu kreativer Eigenbetätigung immer lauter. Die Mannheimer Jusos erhofften sich ein soziokulturelles Zentrum für alle Bevölkerungsschichten und Altersgruppen, die Bürgerinitiative „Musikwerkstatt Alte Hauptfeuerwache e. V.“ befürwortete eine reine Musikwerkstatt. Der 1975 gegründete Verein organisierte regelmäßig Veranstaltungen, die unter der regionalen Musikszene schnell großen Zuspruch fanden.
Die Stadtverwaltung entschied sich daraufhin, die Alte Hauptfeuerwache offiziell zum Bürger- und Kulturhaus umzufunktionieren. 1979 wurde mit den ca. 13 Millionen D-Mark teuren Sanierungs- und Umbaumaßnahmen für ein Kulturzentrum Alte Hauptfeuerwache nach Plänen des Mannheimer Architekten Andreas Plattner begonnen. 1981 waren die Umbauarbeiten abgeschlossen und die Alte Hauptfeuerwache konnte am 8. Mai 1981 endgültig ihrer Bestimmung als „Kulturzentrum Alte Hauptfeuerwache“ übergeben werden.
1981-2005
Das Kulturzentrum Alte Hauptfeuerwache
Ein Hausleiter wurde eingesetzt, um die verschiedenen Initiativen und Vereine zu koordinieren. Das Veranstaltungshaus, das zunächst als eigenständiges städtisches Amt geführt und dann dem Mannheimer Kulturamt angegliedert wurde (welches von 1995-2005 in der Alte Feuerwache angesiedelt war), sollte auch Räumlichkeiten u.a. für die Interessengemeinschaft Mannheimer Künstlerorganisation, den Bezirksverband Bildender Künstler BBK, die IG Jazz sowie die Musikwerkstatt bieten. Anfang der neunziger Jahre zeigte diese Struktur jedoch deutliche Schwächen. Die meisten ehrenamtlichen Initiativen lösten sich auf, der Konzertbetrieb stagnierte und die Aktivitäten verloren ihre Strahlkraft. Auch Beschwerden über Lärmbelästigung von Seiten der Anwohner schränkten das Kulturzentrum Alte Hauptfeuerwache in seinen Möglichkeiten stark ein und schadeten nicht zuletzt auch seinem Image. 1995 mussten kostenintensive Schallisolierungsmaßnahmen durchgeführt werden, die Dank finanzieller Unterstützung der Eichbaum Brauerei ermöglicht wurden. Auch die kleine Galerie über der Fahrzeughalle (heute „Studio Feuerwache“), die als Ausstellungs- und Veranstaltungsraum genutzt wurde, erhielt schallgeschützte Fenster. Die Gastronomie wurde im Nostalgie-Stil als „Café-Bar 1911“ neu eröffnet und bekam eine moderne Kücheneinrichtung. Im Jahre 2000 erfolgten weitere Grundsanierungen, um dem Anspruch als zentrales Haus der freien Szene gerecht zu werden. Mit der Renovierung erfuhr die Feuerwache auch in Hinblick auf die Programmgestaltung Veränderung. Der damalige Leiter des Kulturzentrums Eberhard Petri brachte neuen Wind in den Veranstaltungskalender. Geplant wurde, sich nicht wie bisher auf die Bereiche Kabarett, Kleinkunst und Unterhaltungsmusik zu beschränken sondern auch experimentelles Tanztheater, Lesungen und mehrtägige Vorträge anzubieten.
1996 verlor das Kulturzentrum Alte Hauptfeuerwache sein „Haupt“. Es wurde in „Alte Feuerwache“ umbenannt, der eingefleischte Mannheimer nennt sie jedoch schlicht „Feuerwache“. 2001 wurde Egbert Rühl Leiter der Alten Feuerwache und führte umfangreiche Strukturänderungen durch, welche 2005 die Gründung der Alten Feuerwache gGmbH als Unternehmen der Stadt Mannheim zur Folge hatten.
seit 2005
Alte Feuerwache Mannheim gGmbh
Das zuvor dem Kulturamt der Stadt Mannheim unterstellte Kulturzentrum wurde 2005 in die Selbständigkeit entlassen, um unter professionellen Rahmenbedingungen ein Kulturprogramm aufzubauen, das qualitativ den Ansprüchen einer Musik(groß)stadt entspricht: Seit dem 1. Januar 2005 wird die Alte Feuerwache als gemeinnützige Tochtergesellschaft der Stadt Mannheim durch die Alte Feuerwache Mannheim gGmbH weitergeführt.
Neben der Verwaltung der Alten Feuerwache Mannheim gGmbH in Form des Kulturbetriebs Alte Feuerwache (Zweckbetrieb) und des gastronomischen Betriebs café|bar Alte Feuerwache (Wirtschaftsbetrieb) sind in der Alten Feuerwache weitere Institutionen angesiedelt: das Kinder- und Jugendtheater des Nationaltheaters (JNTM), die Werkstätten des Bezirksverbandes Bildender Künstler (BBK), das freie Radio Bermuda.funk, die IG Jazz sowie Proberäume (verwaltet vom Kulturamt).
So profiliert sich die „Alte Feuerwache“ laufend weiter und bleibt dabei immer, was sie ist: ein Kulturbetrieb am Puls der Zeit, für Mannheim und die Umgebung.
Finanzierung
Die institutionelle Förderung der Alte Feuerwache Mannheim gGmbH durch die Stadt Mannheim beträgt jährlich ca. 800.000 Euro, was etwa einem Drittel des Jahresbudgets entspricht. Die übrige Summe zur Deckung der Kosten wird durch Eintrittseinnahmen und den gastronomischen Betrieb erwirtschaftet.
In der Kulturberichterstattung der Stadt Mannheim finden Sie weitere Details zur finanziellen Förderung der Alten Feuerwache sowie sämtlicher Institutionen und Projekte: https://www.mannheim.de/de/stadt-gestalten/verwaltung/aemter-fachbereiche-eigenbetriebe/kulturamt/kulturbericht
Ausgezeichnet
2013 wurde die Alte Feuerwache für ihr Live-Musik-Programm ausgezeichnet und erhielt von Kulturstaatsminister Bernd Neumann den Deutschen Spielstättenpreis.
Ebenfalls 2013 wurde unserer WORD UP! Poetry SCHOOL SLAM mit dem Förderpreis kulturelle Bildung durch die städtische Wohngesellschaft GBG ausgezeichnet.
2017 wurde die Alte Feuerwache mit ihren KULTURBEUTELN mit dem zweiten Preis in der Kategorie „Umgestalten“ des Mannheimer Umweltpreises „Einfälle statt Abfälle“ ausgezeichnet.