Mine
13. Oktober 2022
Donnerstag
Beginn 20:00
Dunkle Streicher, bedrohliche Trommeln. So geht es los. Und wird erstmal nicht leichter. Denn dann singt MINE mit dieser tollen Stimme, die alle Radiohits der Welt (und vor allem die deutschen) in mindestens genauso schön singen könnte: „Ich bin 100 Jahre alt / Mein Kopf ist voll, die Füße kalt / Die ganze Welt hat sich auf meine Brust gesetzt / Der Mensch ist so ein argloses Geschöpf.“ Es gibt sicher flockigere Wege, ein Album zu eröffnen. Aber warum sollte man das tun – nach so einem beschissenen Jahr? Und warum nicht den Leuten erst einmal diesen wuchtigen Songbrocken namens „Hinüber“ an den Kopf werfen, in dem übrigens die große Sophie Hunger als Gast einen furiosen Auftritt hat? Durchatmen kann man ja später. Das Titelstück und der Rausschmeißer „Unfall“ bilden eine starke Klammer des im April erscheinenden Albums von MINE. Auch „Unfall“ ist direkt und gesellschaftskritisch, ohne dabei belehrend zu sein. Vielmehr verbeißen sich MINEs Fragen im eigenen Denken: „Was ist Freiheit? Wer beengt mich? Was ist Arbeit? Wer beschenkt mich? Wer hat stets genug für sich? Wer starrt hungrig auf den Tisch?“ Im Gespräch sagt MINE: „2020 war natürlich wie gemacht dafür, ein wenig mehr nachzudenken, weil man viel Zeit mit sich selbst verbringen musste. ‚Unfall‘ fasst sehr gut zusammen, wie ich mich gefühlt habe.
Man merkt schon jetzt, dass es weiterhin schwierig bleibt, bei MINE das „Klingt wie …“-Referenz-Karussell anzuwerfen. Ihre Musik hat in der deutschen Pop-Landschaft einen Sonderstatus. Man hört ihren Songs an, dass sie gerne mit dem angenehmen Teil des deutschen HipHops arbeitet, Leuten wie den Orsons, Edgar Wasser, Dexter, Crack Ignaz, Großstadtgeflüster, Samy Deluxe und natürlich Fatoni. Gleichzeitig hat sie eine Affinität zu Popsongs, die mit einfachen Worten mehr sagen wollen und eine ganz eigene Sprache sprechen – etwas, das Tristan Brusch und Haller, oder auch Sophie Hunger in ihren deutschsprachigen Stücken immer wieder hinbekommen. All die hier genannten Namen haben übrigens tatsächlich schon mit Mine Songs aufgenommen – was vielleicht die These nahelegt, dass die beste MINE-Referenz die Quersumme all ihrer stets handverlesenen Gäste ist.
Support von: YRRRE
„Feinstaub“, das neue, zweite Album von YRRRE, ist auf vielen verschiedenen Ebenen erstaunlich. Hier schreibt jemand mit einer Selbstverständlichkeit Sätze, Zeilen und Texte, die es so noch nicht gegeben hat. Assoziativ und intuitiv, aber doch auf den Punkt, verpackt YRRRE in scheinbar beiläufigen Beobachtungen und Bekundungen all den Schmerz und die Schönheit dieses Wahnsinns namens Leben. Damit berührt er mal ganz zart und behutsam und trifft einen dann wieder mit voller Wucht in die Magengegend.