Nächstenliebe. Josef Haslinger spricht von seinem Fall. Gert Scobel fragt nach
7. März 2020
Samstag
Einlass 19:00
Beginn 20:00
Immer mal wieder tauchte das Thema in seinen Texten auf, wurde aber noch nie zum Buch: sexueller Missbrauch. Josef Haslinger, Jahrgang 1955, hat bereits viele erfolgreiche Romane und beklemmende Berichte geschrieben: den Politthriller „Opernball“ zum Beispiel. Oder „Phi Phi Island“ über den Tsunami 2004, in den er mit seiner Familie in Thailand geriet. Zuletzt dann 2011 den Roman „Jáchymov“, der dem historischen Grauen dieses Ortes gewidmet ist. Seitdem lange nichts. Das lag sicher auch an seiner Tätigkeit als Präsident des PEN und Professor am Literaturinstitut Leipzig. Vielleicht aber auch daran, dass es nicht leicht war, das neue Buch zu schreiben.
In seinem neuen Buch „Mein Fall“ berichtet Josef Haslinger nun zum ersten Mal ausführlich von seinem Missbrauch durch die Patres am Sängerknabenkonvikt Stift Zwettl in Österreich. „Nie habe ich von Pater G. erzählt, aus Angst, man könne mir anmerken, dass ich sein Kind geblieben bin“, schreibt er. Als Zehnjähriger schickten ihn seine Eltern – zu seinem Besten – zu den Patres. Er war damals religiös, wollte selbst Priester werden und liebte die Kirche. Seine Liebe wurden von den Patres auf eine Weise erwidert, die dazu führte, dass Josef Haslinger vor einem Jahr doch noch vor die „Ombudsstelle der Erzdiözese Wien für Opfer von Gewalt und sexuellem Missbrauch in der katholischen Kirche“ trat. Er sagte aus, und er schrieb auf, was er auszusagen hatte. Nach einem halben Jahrhundert. Warum er so lange schwieg, warum er spät jetzt doch spricht und wie kompliziert diese Geschichte ist, erläutert er im Gespräch mit dem Moderator, Autor und Philosophen Gert Scobel, der selbst an einer Jesuiten-Hochschule Theologie studiert hat.