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ENJOY JAZZ: PUNKT Festival

30. Oktober 2009
Freitag

Einlass 19:00
Beginn 20:00



Das vielleicht innovativste Festival, das die weltweite Jazz-Szene zu bieten hat, verläßt Norwegen und die Genre-Schublade "Jazz": Live-Remix, Computermusik, Improvisation, akustische Kunst

Ein Musikfestival zu Gast bei einem anderen Musikfestival! Ungewöhnlich genug – und wohl nur deshalb möglich, weil das norwegische PUNKT-Festival eben kein von diversen Tourplänen diverser Stars abhängiger Entertainment-Gemischtwarenladen ist, sondern eben einem ganz eigenem Konzept verpflichtet, dessen Profil man auch andernorts präsentieren kann.
PUNKT ist ein Klanglabor, ein kreativer Workshop, ein Netzwerk von Musikern, Ausdruck einer grundsätzlich veränderten Haltung zum Konzertereignis. Es geht bei PUNKT um – verkürzt gesagt – die Auslotung und Neubestimmung des Verhältnisses von akustischen Instrumenten und Electronica auf dem aktuellen Stand der Technik. Die Idee des Live-Remixes öffnet das Konzert-Ereignis ins Prozessuale, gespeist aus den Ideen von Dub-Versions, Remixen und offener Improvisation. Das Live-Konzert selbst liefert das Ausgangsmaterial für einen kreativen Prozess, der in Echtzeit stattfinden kann. Das Konzert wird aufgezeichnet, bearbeitet und anschließend als Remix in einem anderen Saal re-präsentiert.
2005 von den Musikern und Produzenten Jan Bang und Erik Honoré im norwegischen Kristiansand ins Leben gerufen, erntete das Festival unmittelbar euphorische Resonanz. Zu den Musikern, die bislang am PUNKT-Festival beteiligt waren, zählen Arve Henriksen, Nils Petter Molvaer, Sidsel Endresen, Brian Eno, Jon Hassell, Bobo Stenson, Bugge Wesseltoft, Lars Danielsson, David Toop, Gavin Bryars, Supersilent, Kammerflimmer Kollektief und Nik Bärtsch´s Ronin. Viele dieser Musiker waren in den vergangenen Jahren auch bei Enjoy Jazz zu Gast.

20:00 Uhr:

Jon Hassell’s Maarifa Street

Beim Festival 2006 gab der Trompeter Jon Hassell zusammen mit seinem Quartett ein umwerfendes Konzert, dass auch klar machte, wie einflussreich dieser spezifische Hassell-Sound im letzten Jahrzehnt gerade in Skandinavien gewirkt hat. Ohne Arve Henriksen oder Nils Petter Molvaer zu nahe zu treten, darf man sagen, dass sie von Hassell nachhaltig beeinflusst worden sind. Folgerichtig wurde Jon Hassell 2005 auf das allererste PUNKT-Festival eingeladen und war seither jedes Jahr dabei. Die Resultate kann man immer häufiger hören – und zwar auf einer ganzen Reihe von aktuellen ECM-Alben: Jan Bang, Eivind Aarset und Helge Norbakken sind auf Hassells aktuellem Album zu hören, Hassell selbst auf dem aktuellen Album von Jon Balke. Man sieht schon: Hier schließen sich Kreise; dieser Abend verspricht eine Art von Klassentreffen werden.

Remixed by: Kammerflimmer Kollektief

Will man die reiche, sinnliche Musik des Kammerflimmer Kollektiefs beschreiben, greift man am besten auf eine Aussage der Band selbst zurück: „Songs & Drones featuring solo & grupo performances“. Auf unverwechselbare Weise beackert das Trio ein offenes Feld, das sich aus Elektronika, Art-Rock-Resten, Psychedelia, Improv, Ambient, Folk und Jazz speist. Auf dem Album „Jinx“ findet sich der Track „Palimpsest“, der für diese schwebend-epischen Klanglandschaften das Bild von der Übermalung als konstitutive Produktionsmethode anbietet. Prädestinierter kann man für „PUNKT“ eigentlich nicht sein und somit werden sie bei Enjoy Jazz das Konzert von Jon Hassel remixen.

21:45 Uhr:
Ensemble Modern
Fast 30 Jahre ist es her, dass sich das Ensemble Modern als Projekt zusammengefunden hat: Eine Gruppe talentierter Instrumentalisten, die mit einem hohen Grad an Autonomie, weitgehender künstlerischer Freiheit und in variierenden Besetzungen die Beschäftigung mit zeitgenössischen Werken und Komponisten suchten. Das anfängliche Ziel wurde in solcher Konsequenz weiterverfolgt, dass das Ensemble Modern im Lauf der Zeit und nach vielen aufsehenerregenden Projekten nicht mehr aus der musikalischen Landschaft zwischen Moderne und Avantgarde wegzudenken ist.

Remixed by Erik Honoré, Sidsel Endresen, Jan Bang
Hier mixt PUNKT-Prominenz persönlich! Die beiden Initiatoren Erik Honoré und Jan Bang haben in den vergangenen Jahren reichlich Erfahrungen auf dem Gebiet des Live-Remixing sammeln können. Jan Bang hat bereits 2008 bei Enjoy Jazz im Duo mit dem Trompeter Arve Henriksen eine Kostprobe abgeliefert. Erik Honoré arbeitet als Musiker, Produzent und Autor, komponierte Theatermusiken, erhielt einen norwegischen „Grammy“ und veröffentlichte drei Romane. Die Sängerin Sidsel Endresen war ebenso bereits wiederholt zu Gast und gehört von Anfang an zu den PUNKT-Aktivistinnen. Bei diesem Doppel treffen zwei Welten aufeinander, die in ihrer Experimentierfreudigkeit dennoch nicht weit auseinander liegen dürften.

23:30 Uhr:

Sweet Billy Pilgrim

Immer, wenn im Staate „Pop“ etwas irgendwie weder beschreibbar, noch schubladisierbar zu sein scheint, fällt irgendwann die geradezu magische Formel: „Wie damals Talk Talk“! Doch der Vergleich mit der berühmten Pop-Band, greift bei Sweet Billy Pilgrim nicht richtig, weil hier die Fallhöhe des Popstartums fehlt. Andererseits ist das zweite Album des Trios schon ein ziemlich sensationelles, sehr verspielt orchestriertes Kammer-Popfolk-Album mit einer leichten Musical-Atmosphäre im Hintergrund. Sänger und Songwriter Tim Elsenburg würde das Album gerne als Konzeptalbum übers Leben und Sterben gewürdigt wissen. Es gibt psychedelische Chorgesänge, Banjos, Bassklarinetten, Walzertakt und auch allerlei dunkle Elektronica-Loops zu hören in einem Sound-Kontext, den manche gar nicht dumm als Folktronica bezeichnen. Spannend, exzentrisch, very british! Das besagte Album „Twice Born Man“ wurde für den Mercury Prize 2009 nominiert – die jährliche Auszeichnung für das beste britische Musikalbum!

Remixed by :J. Peter Schwalm, Eivind Aarset

Der Frankfurter J. Peter Schwalm veröffentlichte seit den frühen 90er Jahre als Slop Shop elektronische Tracks, produzierte gemeinsam mit Brian Eno das Album „Drawn From Life“ und komponierte zahlreiche Film- und Theatermusiken. Der Norweger Eivind Aarset hat eine durchaus exzentrische Karriere: Er begann als Gitarrist einer Heavy Metal-Band, spielte dann bei Jazz-Bands, um schließlich auf dem Label des Pianisten Bugge Wesseltoft sein Solo-Debüt zu veröffentlichen. Seitdem arbeitete er mit Künstlern, die nicht einmal bei angestrengtestem Nachdenken auf einen Nenner zu bringen wären – mit Ray Charles, Dee Dee Bridgewater, mit Ute Lemper oder Cher. Man darf gespannt sein, was die zwei aus dem Konzert von Sweet Billy Pilgrim zaubern.


Jon Hassell


Kammerflimmer Kollektief


Sidsel Endresen


Jan Bang


Eivind Aarset


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